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Antibiose

by Eastwood

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1.
Sommer, Sonne, Bier mit Freunden, doch das Beste ist der unverkrampfte Partypatriotismus. Kein Bock auf Fußball? Egal! Wir schwenken die Flaggen, wenn Jogis Jungs uns stolz machen. Endlich darf man wieder Franzosen hassen und sich öffentlich die Panzer von 1940 herbeiwünschen. Endlich ist Kolonialrassismus wieder salonfähig, wenn wir gegen die Wilden aus Ghana spielen. Wir gegen die anderen, wir gegen das Pack. Die klatschen wir weg, denn wir sind Deutschland. Nichts geht über Patriotismus als Identitätsprothese. Nichts geht über Chauvinismus zur Selbstbestätigung. Alle zwei Jahre löst sich das reflektierte Ich im Fahnenmeer auf und zerfließt im deutschtümelnden Wir, das Goebbels nicht besser hingekriegt hätte.
2.
Sie bringen uns Frieden. Sie bringen uns Freiheit. Selbstlose Helden auf weißen Rössern. Bald ist es getan. Mechanisches Surren, ein Schatten, ein Knall. Keine Gesichter, keine Helden, kein Frieden. Alles, was bleibt, ist Schall und Rauch.
3.
Industrialisierte Tötungsmaschine. Systematisch, effizient, optimiert. Totale Entindividualisierung. Materialisiert vom Lebewesen zur Ware. Leid und Qual werden alltägliche Banalität. Kaum ein Schulterzucken wert, wenn es keine Menschen sind. Nur ein notwendiges Opfer für unseren Wohlstand, für unseren Luxus, für unsere Dekadenz. Bist du wirklich so armselig, dein Gewissen deinem Genuss unterzuordnen? Deine Leichen im Keller sind die Leichen in deinem Bauch.
4.
Du sagst, du glaubst nur das, was du siehst. ich sage, du siehst nur das, was du glaubst. Kleingeistig, ignorant, in deiner Welt ist kein Platz für unbequeme Wahrheiten. Selbstzufrieden, selbstgerecht, in deiner Welt bist du unantastbar. Du sagst, du glaubst nur das, was du siehst. Du siehst nur das, was du glauben willst.
5.
Algorithmus 00:33
Jedes Mal, wenn du glaubst, du hast die Antwort gefunden, merkst du, dass die Frage keinen Sinn mehr ergibt. Gefangen in einem Labyrinth mit unendlich vielen Ausgängen, die alle ins Nichts führen. Eine endlose Spirale aus Widersprüchen, die Kausalität hat versagt.
6.
Subtraktion 01:01
Viel zu lang hab ich den Mund gehalten, obwohl ich etwas sagen wollte. Viel zu lang hab ich weggehört, obwohl ich genau verstanden habe. Ich kann nicht länger still sein, ich schreie es heraus. Ich schrei in dein Gesicht, du bekommst mich nicht. Ich schrei in dein Gesicht, du verzehrst mich nicht. Ich kann nicht länger weghören, ich raste einfach aus. Ich schrei in dein Gesicht, du bekommst mich nicht. Ich schrei in dein Gesicht, du verzehrst mich nicht. Viel zu lang hab ich weggeschaut, es hingenommen, nichts unternommen. Ich hab die Schnauze endgültig voll! Ich mach deine Scheiße nicht mehr mit! Ich schrei in dein Gesicht, du zerstörst mich nicht! Fuck off and die!
7.
Vision, Sci-Fi, Dystopie. Andere bestimmen, was real ist. Bestimmen dein Denken, bestimmen dein Leben. Indoktrinierte Ideologie, Propaganda auf jeder Ebene. Blind, taub, stumm, Zufriedenheit in anerzogener Ignoranz. Kein Entrinnen aus der totalitären Folterkammer. Gesellschaft im Vakuum, Gesellschaft in der Totenstarre. Realität, Gegenwart, jetzt und hier. Auch ohne Big Brother sind wir auf demselben Weg.
8.
Die sieben Weltmeere, Futter für Mythen und Legenden. Endlose Geheimnisse, endlose Tiefen. Ausgesaugt - das Geschäft muss laufen. Vollgeschissen - nach mir die Müllflut. Plastikstrudel rund um den Globus. Ein sterbendes Ökosystem. Plastikstrudel rund um den Globus. Jeden Tag ein bisschen schneller. Und heute Abend gönn ich mir ein schönes Seelachsfilet.
9.
Schicht auf Schicht, alles Denken durchdringend, auf der Flucht vor dem Unausweichlichen. Uns selbst eingemauert in der Idee der Ewigkeit zur Ablenkung von unserer eigenen Endlichkeit. Der Lüge folgend, die wir schließlich selbst glauben, weil wir die Leere nie begreifen werden. Auf der Suche nach Tiefe scheitern wir an unserer eigenen Oberflächlichkeit.
10.
Stein um Stein schieben wir uns gegenseitig zu und bauen zusammen unsere Festung. Immer höher umzingeln wir uns mit Mauern, die unsere eigenen Schreie nur noch lauter auf uns zurückwerfen. Und das Echo wird zur Rückkopplung, die auch das letzte Geräusch von draußen übertönt. Völlig isoliert und völlig parallel, unter den Einäugigen ist der Zweiäugige Abschaum.
11.
Windmühlen 00:27
Du willst es nicht wissen, du hörst mir nicht zu, schon nach dem ersten Satz hast du mich abgestempelt, weil du gefangen bist in deinem arroganten Denken und deiner Ignoranz. Du nennst mich realitätsfremd, einen naiven Weltverbesserer, einen Gutmenschen, der dir den Spaß verderben und ein schlechtes Gewissen machen will. Selbstgerecht, selbstbesessen, immun gegen kritische Gedanken von außen schaufelst du dein und mein Grab.
12.
Downtown 00:57
Des Menschen Werk wirft lange Schatten. Beton auf Asphalt, grau in grau. Geschützt unter der Glocke aus Dreck. Weißes Rauschen, Lärm im Schädel. Scheißegal, Brett vor der Stirn. Lasst uns um die Häuser ziehen.
13.
Antibiose 00:32
Twee mensen hebben honger. Twee problemen, een oplossing. De een eet de ander op. Effectief en efficiënt.
14.
Dein Leben lang rennst du den Dingen hinterher: Einem Traum, der nie dein eigener war, einem Versprechen, das nie jemand vorhatte einzuhalten, einer Lüge, die dir als Erfüllung verkauft wurde. Nie dämmert dir, dass du dieses Rennen gar nicht gewinnen sollst und sich die Sieger über dich totlachen. Nie dämmert dir, dass du keinem Ziel entgegenläufst, sondern nur einem Ende.
15.
16.
Lochfraß 00:50
Eine Frequenz nach der anderen gekapert, geglättet, aufgeblasen. Alle Signale versinken im dröhnenden Rauschen. Bedeutungsfluid, stumpf aber hart. Sie durchbrechen alle Filter. Sie hören nie auf. Sie prasseln auf mich ein. Sie höhlen mich aus. Konstantes Dröhnen aus keiner Richtung. Alles ist alles, nichts ist nichts.
17.
In winzigen Schritten, einzeln kaumwahrnehmbar, dringst du in mich vor und enterst meinen Kopf. Verschiebung, Verzerrung, Verwirrung, Verzehrung. Unmerklich drückst du mich immer enger in deine Form. Verschiebung, Verzerrung, Verwirrung, Verzehrung. Du nimmst dir alles und du forderst noch mehr. Dein Flüstern verschlingt meine Schreie. Widerhall, Echo, betäubende Stille. Du gibst nicht auf, bis mein Wille gebrochen ist und ich ihn nicht mehr von deinem unterscheiden kann. Du nimmst dir alles und du forderst noch mehr. Dein Flüstern verschlingt meine Schreie. Doch ich beginne, sie selbst wieder zu hören. Ich schulde dir nichts. Ich gehöre dir nicht. Die Taubheit lässt nach, ich spüre meine Hand. Dein Griff bleibt fest, ich kann sie nicht lösen. Faser für Faser reiße ich sie von meinem Arm. Faser für Faser reiße ich dich aus mir heraus. Voller Bitterkeit, voller Qual. Ich reiße dich aus mir heraus. Voller Ekel, voller Wut. Ich reiße dich aus mir heraus.

about

An|ti|bio|se [ˌantiˈbi̯oːzə], f.:

Eine Beziehung zwischen einzelnen Individuen oder Kollektiven, die für eines davon nachteilhaft ist und sein Wachstum hemmt oder es abtötet.

A relation between individuals or collectives that is detrimental to one of them, inhibiting its growth or killing it off.

credits

released July 5, 2021

Recorded mostly DIY between August 2018 and October 2020 in a bunch of different places spread over six cities in two countries.

Drums recorded by Steph at Disvlar Studio.
Mixed by Ben Jones.
Mastered by Role at Tonmeisterei Oldenburg.

Cover art drawn by Tim / Block Out Visuals from a microscopic image by Colleen Mangold et al, published in Journal of Experimental Biology 2019 222 (14).
Band logo drawn by Alex Lima.

Finally released in 2021 on vinyl and tape by Lixivat Records, No Time Records, Abekeit Records, Hackebeil Records and Coxinha Records.

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about

Eastwood

Grindcore / Powerviolence from Germany and France. Playing fast and working slowly since 2012.

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